Krankenkassen nur noch für Gesunde?



- Erfahrungsberichte und Dokumentation - Deutsches Arthrose Forum -



  53. Eintrag von am 31.08.2004  
  Krankenkassen nur noch für Gesunde?  
  0Durch aktuelle Pressemitteilungen mutiert die eingangs gestellte Frage zur Feststellung. 'Die Kassenbeiträge können gesenkt werden', so die positive Nachricht. 'Aber um welchen Preis?' Eine Frage, die ich ziemlich genau beantworten kann. Allein im ersten Halbjahr 2004 haben meine Frau und ich einen vierstelligen Betrag für Heilmittel jeglicher Art ausgegeben. 'Das zahlt aber die Kasse nicht', war jeweils der Kommentar des Arztes und zückte den Block mit Privatrezepten. Nach den bisherigen Erfahrungen im Jahre 2004 dürfte ich eigentlich fast gar keine Krankenkassenbeiträge mehr bezahlen. Nun, ich will gern einräumen, dass dem Arzt auch ein Honorar zusteht, wenn ich zu ihm gehe.
Zu meinem konkreten Fall: Als Patient mit über 30-jähriger Arthroseerfahrung habe ich ja schon viel erlebt. Was aber in den letzten Monaten passiert ist, entbehrt nicht einer gewissen Komik, wenn nicht Krankheit im Spiel wäre.
Ende 2003 bekam ich eine Hyaluronsäuretherapie mit 5 Spritzen . Natürlich zahlte die Kasse nicht. Etwa drei Monate hat die Wirkung angehalten. Nach einem halben Jahr sollte die Therapie wiederholt werden. Also ging ich Anfang Juli 2004 wieder zu meinem Orthopäden, um die Lage zu besprechen; mittlerweile hatte ich vom Präparat gehört, das die Kasse angeblich bezahlt. Also schlug ich dem Arzt vor, es damit einmal zu probieren. Er stutzte merklich, sagte dann aber sinngemäss: 'Solche Medikamente sind ja viel zu teuer.' Er habe noch nie gehört, dass die Kassen das übernehmen. Aber ich solle mich doch mit der Kasse auseinandersetzen. Wenn mir die Kasse die Übernahme schriftlich gebe, könne er das Medikament auf Privatrezept aufschreiben, und ich könne mir das Geld von der Kasse wiederholen. Auf diesem Wege würde sein Budget nicht belastet. Aber er glaube nicht, dass die Kasse überhaupt so etwas mache.
Letzten Endes vertraute ich diesen Aussagen und entschied, mir wieder spritzen zu lassen.
Danach begann das Ringen mit der Kasse. Die örtliche Geschäftsstelle konnte gar keine Aussagen machen, ausser, dass der Arzt zugelassene Medikamente verordnen dürfe (nicht gerade sehr aufschlussreich). Was nun konkret zugelassen ist oder nicht, müsse aber die 'Greenline' entscheiden. Der Anruf bei der 'Greenline' (mit offensichtlich allwissendem Personal) ergab nur sehr zögerliche Auskünfte. Schliesslich räumte man ein, dass tatsächlich verordnet werden darf, da es das einzige Hyaluronsäurepräparat ist, das zugelassen ist, und........der Arzt könne es ohne weiteres verordnen, da es gar kein Budget mehr gebe, '.......jedenfalls nicht in diesem Sinne'. Schriftlich gebe es so etwas nicht, da der Arzt das natürlich selbst weiss. Im Zweifelsfall habe er sich bei seiner Kassenärztlichen Vereinigung zu erkundigen.
Damit ging ich wieder zum Arzt. Meine Ausführungen waren etwa so wie 'Benzin ins Feuer', von wegen und es gibt kein Budget. Meiner Bitte, mir dann doch erstmal privat aufzuschreiben, kam er nicht nach. Er könne dies aus medizinischer Sicht nicht tun, da Bestandteile habe, die Allergien auslösen können. Ausserdem habe ihm die Kassenärztliche Vereinigung geraten, das nicht zu tun, weil ja ein zugelassenes Medikament sei. Möglicherweise kämen nachträglich wegen des Privatrezepts Regressansprüche auf ihn zu. Im übrigen war dann meine therapie bereits nach einer Spritze beendet.
Als Patient steht man ganz dumm da. Also es gibt ein Budget, aber nicht in diesem Sinne. Das Medikament kann verschrieben werden, aber der Arzt will das nicht. Ist doch alles klar, oder? Was will man mehr? Die Frage ist: Wer 'veräppelt' die Patienten mehr, der Arzt oder die Kasse?
Mein Eindruck ist der: Natürlich unterliegen die Ärzte der Kostenüberwachung und -verfolgung und werden offensichtlich von der Kassenärztlichen Vereinigung unter Druck gesetzt. Nur das vertreten die Kassen nicht gegenüber ihren Mitgliedern. Sie wollen nur 'Schönwetter' verbreiten. Es wird eine negative Tatsache positiv dargestellt. Kennt man das nicht schon aus anderen Bereichen?
Meine letzte Frage an meinen Arzt war: 'Ist es jetzt so, dass mir als Kassenleistung keine Therapie angeboten werden kann, obwohl der Befund eindeutig ist?' Die Antwort war: 'Ja, so ungefähr ist es.' 'Und was ist mit Röntgentiefenbestrahlung?' fragte ich. Antwort: 'Das können wir ja mal ausprobieren.' Und so ist es geschehen. Zur Zeit bin ich dabei. Es gibt also doch noch etwas. Schliesslich zahle ich ja Beiträge.
Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, als wollte ich die Sache glossieren, dazu ist sie zu ernst. Der Verlauf der Dinge war aber ziemlich kurios. Deshalb habe ich mir vorgenommen, die Sache weiter zu verfolgen, und ich wünschte, alle Betroffenen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, würden den Verantworlichen auf den Leib rücken.
Wer kann noch etwas zu dem Thema beitragen?

Herzliche
A.
 
  6. Antwort von am 07.09.2004  
  Hi ,

ja, du hast Recht, ist für mich SEHR interessant.
Mittlerweile weiss ich sogar von einer zweiten Krankenkasse, die Huyalart bezahlt (bezahlen würde). Meine Krankenkasse, die mir das telefonisch bestätigt hat, gibt es mir auch nicht schriftlich. Ich brauche -nur- das Kassenrezept, dann gäbe es keine Probleme! Nun ja, doch, DEN Arzt, der dieses auf ein Kassenrezept verschreibt!
Ich bin mittlerweile zu einem neuen Orthopäden gegangen, zu einer Gemeinschaftspraxis. Dort war ich letztes Jahr bei dem anderen wegen einer anderen Sache. Als ich jetzt warten musste im Patientenzimmer, hab ich in den dort vorhandenen PC gesehen und...was hab ich dort gelesen?? Das letztes Jahr schon bekannt war, dass ich Arthrose im Sprunggelenk habe. Er hat es mir allerdings nie gesagt!
Na ja, wieder ein anderes Thema!
Jedenfalls versucht es dieses Arzt jetzt mit Elektrotherapie. Eine Therapie, die von der Krankenkasse bezahlt wird.
Auf seine Frage, was bisher vorgeschlagen wurde und ich die Sache mit Huyalart angespn habe, hat er nur kurz gestutzt. Vorher fand er so eine Therapie auch sinnvoll. Ob er sie mir jetzt noch vorschlagen wird..keine Ahnung.
Erstmal das anderes abwarten.

Ich wünsche dir viel Glück!


B.

 
  5. Antwort von am 02.09.2004  
  A.,

das ist schon beeindruckend was du da erlebt hast. Das wird sicherlich vielen von uns auch noch so ergehen. Wenn du ein Posting abgeschickt hast, kannst du es nicht mehr ändern. Zu deiner Anregung: Das Forum als politische Vertretung - damit wäre ich hoffnungslos überfordert. Ich denke dass Sozialverbände wie der VdK oder Vereine wie die u.a. hier die richtigeren Ansprechpartner wären. Hast du schon mal beim VdK nachgefragt, ob sie helfen können?

Weiterhin viel Glück und alles Gute,

C.

 
  4. Antwort von am 02.09.2004  
  B., C. und D.,
ich Euch für die aufschlussreichenden Ergänzungen zu dem Thema. Leider ist es so, dass sich wesentliche Eingebungen erst nach dem Absenden des Beitrags einstellen. C., gibt es eigentlich die technische Möglichkeit, den abgeschickten Beitrag zurückzuholen, um ihn nochmal zu bearbeiten? Auf der einen Seite sollte er gar nicht so lang werden, andererseits kann man sich kaum bremsen, wenn man erstmal einen Lauf hat.
Ich hatte darauf verzichtet, alle 'Haken und Ösen' meiner Odyssee zu schildern. Nun will ich aber doch noch einige Punkte nachschieben, bzw. verdeutlichen:
Natürlich ist die Zeit das grösste Problem bei dieser Sache. Dass man von 'Pontius bis Pilatus' geschickt wird, scheint Programm zu sein, immer in der Hoffnung, dass man aufgibt. Die Kassen hetzen die Patienten auf die Ärzte, und die Ärzte hetzen die Patienten auf die Kassen. Obwohl die Kassen genau wissen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen (die Standesvertretung der Ärzte und deren beratung) diesen Druck ausüben, wird den Patienten geraten, sich mit der Arzt auseinanderzusetzen. Dem Patienten wird vorgegaukelt, er könne eine Verordnung erzwingen. Das ist absoluter Humbug. Die Interessen der Patienten bleiben auf der Strecke, solange die Fronten zwischen Ärzten (stellvertretend für diese die Kassenäztliche Vereinigung) und den Krankenkassen nicht geklärt sind. Hinzu kommt, dass es den Kassen ganz recht ist, dass die Ärzte so taktieren mit den Verordnungen. Somit sind die Ärzte die Sparkommissare der Kassen.
Obwohl ich auf Anraten des Arztes die Kostenübernahme für schriftlich bei der Kasse angefordert habe, wurde ich lediglich angerufen, um mir zu sagen, dass der Arzt das Medikament verschreiben dürfe. Schriftlich wollte man sich dazu nicht äussern. Ich machte natürlich meiner Verärgerung Luft. Das Gespräch dauerte mindestens eine halbe Stunde für nichts und wieder nichts.
Ich habe gerade die Tagesschau gesehen. Die Krankenkassen brüsten sich mit einem Überschuss von 2,5 Mrd. EURO. Ist das ein Wunder? Es wird ja nichts verordnet. 10 EURO Beitragsermässigung nützen mir gar nichts, wenn ich alle Therapien und Medikamente selbst bezahlen muss! Ich wünschte mir, dass das Forum hier als starke Gemeinschaft auftreten würde, um auch politisch Druck zu machen. Das lassen aber wohl die selbst auferlegten Regeln nicht zu. So bleibt nur noch ein Aufruf an alle in ähnlicher Weise Betroffenen, für kräftigen Gegenwind bei Kassen und Ärzten zu sorgen. Die gegenwärtigen Verweigerungsmassnahmen funktionieren doch nur deshalb, weil offensichtlich zu wenig von den Patienten unternommen wird. Wir - die Patienten - sind die Beitragszahler und die Kunden, sowohl von Kassen als auch von Ärzten. Setzen wir uns also dafür ein, dass der Kunde König bleibt - oder wieder wird.
Sorry, ist wohl wieder ein bisschen lang geworden.
Es grüsst
A.
 
  3. Antwort von am 01.09.2004  
  Ja A.,
auch ich war ganz hin und weg von deinem detaillierten Bericht und dir dafür.
Mir und meinem Mann geht es seit geraumer Zeit auch so dass wir immer mehr aus der eigenen Tasche berappen müssen.
Aber wenn es hilft dann berappt man ja (wenn auch manchmal mit grrrr.....)
Mein Mann versucht zur Zeit, über ein Fitnessstudio, die Muskulatur wieder etwas mehr auf Vordermann zu bekommen damit seine Hüfte, die über kurz oder lang dran ist, noch eine Weile mitmacht.
Bei ihm kein Thema, der Arzt bestätigte (für 15€) den Zustand und die Erfordernis für ein spezielles Training,
die KK übernimmt anteilig die Kosten für das Studio (Nachweis erforderlich!)
Bei mir sieht es so aus:
'Nehmen sie regelmässig ein Medikament ein?'
Ja
'Dann werden leider pro verschriebenem Medikament von dem ihnen zustehenden Betrag je 26 € abgezogen“
Hört sich wie ein Witzle an, oder?
Dass ich aber durch das Medikament schmerzfreier und dadurch auch beweglicher bin, scheint nicht zu interessieren!
Ich nehme ansonsten sehr selten Medikamente, ausser zur Zeit diese , um mir noch ein Stückchen Lebensqualität zu erhalten.
Statt den Zuschuss für das Fitnessstudio zu zahlen lässt man es lieber darauf ankommen, dass ohne den so wichtigen Bewegungsaufbau halt irgendwann zwangsweise noch andere Medikamente dazukommen.
Verstehe das wer will – ICH NICHT MEHR

Aber da ich nicht total einsteifen -rosten will,
geh ich brav (grrrr......) mit Männe ins Studio und erspare mir vielleicht dadurch auf die Dauer Medikamente die in Zukunft vermutlich eh auch aus der eigenen Tasche bezahlt werden müssen.

Es grüsst dich,
D.
 
  2. Antwort von am 01.09.2004  
  A.,

vielen Dank für diesen super geschriebenen Bericht. Ich hoffe, dass noch viele Mitglieder Erfahrungen dazu beitragen können, denn dieses Thema wird uns alle sicher noch beschäftigen.

Ich stelle mir vor, dass es vielleicht günstiger wäre in solch einem Fall, die Krankenkasse schriftlich zu kontaktieren. Dann müsste man dir nämlich auch wieder schriftlich antworten und du hättest etwas, was du deinem Arzt 'schwarz auf weiss' vorlegen kannst. Das ist zwar mit viel Arbeit verbunden, möglicherweise aber effizienter. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir als Patienten in Zukunft gerade auch in dieser Hinsicht wesentlich mehr gefordert werden.

Ich wünsche dir noch weiterhin das nötige Durchhaltevermögen und würde mich freuen, wenn du am Ende doch noch postive Nachrichten für uns hättest.

und alles Gute für dich und deine Frau,
C.
 
  1. Antwort von am 01.09.2004  
  A.,
vielen Dank für Deinen interessanten Bericht und weiterhin viel 'Durchhaltevermögen'.
Zu meiner eigenen Erfahrung in diesem Bereich:
Da ein Arzt zu mir auch schon gemeint hatte: 'Für Sie ist aber in diesem Quartal mein Budget erschöpft' habe ich mich mit meiner Krankenkasse in Verbindung gesetzt um dies zu hinterfragen. Die Aussage der Bearbeiterin war dass es für die verschiedenen Bereiche (kann das jetzt nur sehr laienhaft wiedergeben) ein gewisses Bugdet gibt sprich: Eine bestimmte Anzahl von Behandlungen und Medikamente können pro Quartal verschrieben werden (dies richtet sich nach der Gesamtsumme und nicht! an den einzelnen Patienten!!) ohne der besonderen Erklärung. Alles was darüber hinaus geht bedarf der Erklärung -warum muss dieses oder jenes noch verordnet werden- Laut der weiteren Aussage der Kh-Bearbeiterin wäre es nicht! so dass der Arzt keine Behandlungen u.s.w über dieses Budget verschreiben dürfte. Es bedarf nur der schriftlichen Erklärungen (welche natürlich zeitaufwendig ist).
Dies ist nur eine kurze und wie gesagt laienhafte Wiedergabe. Ich denke dieses Thema ist sehr komplex. Man muss wirklich versuchen bestimmte Vorgänge zu hinterfragen und sich nicht 'abspeisen' zu lassen. -Aber ist alles nicht so einfach-


B.
 




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Stand : 08.09.2004 19:18:04
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