Facettengelenkssyndrom oder 'psychisch bedingte' Schmerzen?



- Erfahrungsberichte und Dokumentation - Deutsches Arthrose Forum -



  142. Eintrag von am 04.06.2006 - Anzahl gelesen : 93  
  Facettengelenkssyndrom oder 'psychisch bedingte' Schmerzen?  
  0Zur Vorgeschichte: Ich hatte vor 10 Jahren einen Unfall, bei dem ich mir einen Lendenwirbelkörper gebrochen habe. Die Fraktur wurde operativ mit einem Fixateur interne stabilisiert, der nach der Heilung ein Jahr später wieder entfernt wurde. Ich hatte danach praktisch keine Probleme mit meiner Wirbelsäule; nur sehr selten Schmerzen bei extrem langem Sitzen oder Stehen. Man sagte mir, es sei alles wieder 'so wie vor dem Unfall'. Ich leide, was ich auch vorausschicken muss, unter einer rezidivierenden Depression. Vor etwa einem Jahr bekam ich ganz schleichend Schmerzen am Übergang Brust-/Lendenwirbelsäule, sehr klar zu lokalisieren: stechender, heller Schmerz direkt links an/neben der Wirbelsäule. Kommentar meiner Hausärztin: 'Kann im Rahmen einer Depression schon mal auftreten.' Der Schmerz war zunächst nicht ständig da, und ich schob das Auftreten auf Überlastung durch zu langes Sitzen oder Stehen. Dann ging der Schmerz aber in einen Dauerschmerz über. Nach monatelangen Selbstbehandlungsversuchen mit rezeptfreien Schmerzmitteln und Sport (ich hatte als Hobby Schwimmen) suchte ich meine Hausärztin erneut auf und wurde wieder mit netten Worten und einem Hinweis auf die Psyche nach Hause geschickt. Die Schmerzen wurden aber im Oktober so schlimm, dass ich nachts nicht mehr schlafen konnte oder durch die Schmerzen aufgewacht bin. Ich versuchte, einen Termin bei einem Orthopäden zu bekommen, wo ich aber auf 'in ein paar Wochen' vertröstet wurde (bin ja keine Privatpatientin...). Am 6. November wusste ich nicht mehr, wie ich Sitzen, Stehen oder Liegen sollte, hatte wegen der NSAIDs Magenschmerzen. Ich bin nächtelang spazierengegangen, weil diese Art von Bewegung das Einzige war, was irgendwie geholfen hat. In meiner Verzweiflung habe ich mich noch mal zu einem Orthopäden begeben, mich ins Wartezimmer gesetzt und gesagt, ich dass ich solche irrsinnigen Schmerzen habe, dass ich nicht wieder weggehe, ohne dass da mal ein Arzt draufgeguckt hat. Kurz: Röntgen ohne Befund, Arzt ratlos, verschrieben, KG-Rezept. hat null gebracht. KG war wegen der Schmerzen praktisch nicht möglich. Ich habe während der Übungen vor Schmerzen geheult. habe ich an einem Wochenende 900 mg ohne Wirkung, aber vielen Nebenwirkungen (Übelkeit, Müdigkeit) eingenommen. Der Orthopäde verschrieb mir , was an den Schmerzen nichts änderte. Überweisung zum Kernspin und an die Klinik. Im Kernspin Bandscheibenvorfall ausgeschlossen, 'Reizzustand eines Gelenks', Kontrastmittelanreicherung paravertebral. Keine Diagnose.

Glücklicherweise bin ich an die Schmerzambulanz der Klinik geraten, wo ich sehr kompetent behandelt wurde und man mir aufgrund der Vorgeschichte anbot, mich stationär auf Morphin einzustellen. Ich brauchte bei der Eindosierung 75 mg Dipir, um überhaupt auf ein erträgliches Schmerzniveau zu kommen. (Inzwischen nehme ich MST und nach Bedarf Sevredol, dazu , als Schmerzmedikation.) Der Orthopäde an der Klinik fand auf den Röntgenbildern nichts, was ihm die Schmerzen erklären würde. Er empfahl mir ein Rückenaufbautraining. Letzteres habe ich versucht, aber mir wurde dort aufgrund der trotz des Morphins starken Schmerzen davon abgeraten. Was geholfen hat, war TENS. Da hat aber irgendwie die Wirkung nachgelassen? Inzwischen bin ich ziemlich ratlos. Ich weiss nicht mehr, an wen ich mich wegen der weiteren Abklärung der Schmerzen wenden soll. Da bei mir ja auch eine psychische Ursache im Raum steht, habe ich immer Angst, sofort auf diese Schiene abgeschoben zu werden. Ich bin in Therapie; mein Therapeut ist bezüglich der Schmerzen und der Therpie ebenfalls ratlos.

Ich bin erst Ende 20. Ich bin noch im Studium und möchte später mal arbeiten. Ich möchte nicht auf ewig so starke Medikamente nehmen müssen. Was kann und soll ich denn jetzt noch tun?
 
  5. Antwort von am 08.06.2006  
  A.,

also ich muss schon sagen, was du durchmachen musst ist schon wirklich heftig. Ich kann auch nicht verstehen, warum man dir die Diagnose des Röntgen- bzw. MRT-Befundes verschwiegen hat, das macht doch nun wirklich keinen Sinn. Ich hoffe das du nun an die richtigen Ärzte gelangst, die dir auch körperlich helfen und nicht alles auf die Psyche schieben. Ich wünsche dir viel Kraft für deinen weitern Weg und auch das deine Schmerzen endlich einmal besser werden.


F.
 
  4. Antwort von am 08.06.2006  
  für Eure Antworten. Erst mal noch diese Informationen, bevor ich zur Arbeit muss:

Ich war ge in der Schmerzambulanz und wir sind in den Tiefen des Befunde-Archivs des Klinikums an die schriftlichen radiologischen Befunde der Orthopädie gekommen: Von wegen 'altersgerecht' und 'nichts, was die Schmerzsymptomatik erklärt': Die Radiologen schreiben was von 'massiver Facettengelenksarthrose', im MRT ist eine 'Kontrastmittelanreicherung paravertebral, Reizzustand des Gelenks, vereinbar mit aktivierter Arthrose' die Rede. Warum haben die mir das verschwiegen? Weil ich so jung bin? Weil sie nicht wollten, dass ich mich 'auf meine Krankheit fixiere'? Ich habe bis ge wirklich geglaubt, die unterstellen mir alle, ich 'simuliere' und habe mich auch bei der Arbeit kaum getraut, zuzugeben, dass ich starke Schmerzen habe. Jetzt sieht die Sache anders aus. Ich werde jetzt erst mal von Morphin oral auf ein Schmerzpflaster umgestellt. Und dann überlegen wir uns, ob es nicht (nach dem Streik) möglich ist, das Gelenk gezielt unter MRT-Kontrolle zu punktieren und 'auszuschalten'. Das würde wohl wenigstens für ein paar Monate helfen.

Von 'Rücken-Kraft-Training' wurde mir in diesem Zustand abgeraten; ich soll KG-Übungen machen und mich bewegen, wie es mir gut tut. Weiterhin Wärme und TENS. Wie wir die extremen Verspannungen angehen, wissen wir noch nicht - hat da jemand Erfahrung?

Zum Thema Psychotherapie: Ich habe nichts gegen Psychotherapie und bin seit Jahren wegen der Depression in Therapie. Ich habe auch schon eine Psychoanalyse hinter mir. Ich rede mit meinem Therapeuten über die Schmerzen und die möglichen Ursachen und Verstärker - aber er ist da im Moment genauso ratlos wie ich und glaubt auch, dass man jetzt erst mal vernünftig nach den somatischen Ursachen schauen muss. Und die radiologischen Befunde kann man nicht einfach mit 'Psyche' erklären.

LG an Euch und einen schönen Tag,
A.
 
  3. Antwort von am 06.06.2006  
  A.,

für mich steht ausser Frage, dass die Seele den Körper in nicht unwesentlichem Mass beeinflusst, d.h. dass psychische Belastungen einen körperlichen Schmerz auslösen können bzw. einen 'körperlichen Schaden' mit beeinflussen.

Was aber unbegreiflich ist, dass die Schulmediziner keinen ganzheitlichen Ansatz bei der Behandlung eines Patienten anwenden, sondern es sich einfach machen, in dem sie bei fehlender oder unzureichender medizinscher Diagnose die Ursache für chronische Schmerzen auf die Psyche abschieben und sich damit dem Problem entziehen.
Meines Erachtens müssten hier Schulmediziner und z.B. Psychotherapeuten wirklich eng zusammen arbeiten - sonst wird man als Patient nur hin und her geschoben.

Ich selbst habe ähnliche Erfahrungen gemacht und eine Schmerztherapie, in der es nur darum ging, die Dosis der Morphiumpärparate stetig zu erhöhen, abgebrochen.

Vielleicht war bei Dir einer der Auslöser für Deine Schmerzen die Psyche (ohne dass Du es gemerkt hast) , aber die Behandlung Deiner chronischen Schmerzen müsste a l l e
Facetten gleichzeitig einbeziehen.
Also: vernünftige Schmerztherapie mit Medikamenten und gleichzeitig evtl. eine Psychotherapie, evtl. gezielte Krankengymnastik (die aber nur funktionieren kann, wenn Dein Schmerzpegel auf ein annehmbares Mass reduziert wird). Den Zusammenhang zwischen 'Körper und Seele' und deren gegenseitige Beeinflussung haben die Chinesen schon seit langem erkannt. In der traditionellen chin. Medizin (TCM) werden daher a l l e Möglichkeiten ausgeschöpft, um 'Ying und Yang' (Körper und Seele) in Einklang zu bringen. Vielleicht findest Du ja einen Arzt, der offen für einen ganzheitlichen Ansatz ist und diesen auch anwendet.
Ich suche auch noch weiter nach eben diesem.

Ich wünsche Dir alles Gute und eine schmerzarme Zeit

D.
 
  2. Antwort von am 06.06.2006  
  A.,

vielleicht solltest du mal zu einem Rheumadoc gehen. Wenn du Nachts so starke SZ hast und es durch Bewegung etwas besser wird, kann es auch eine Entzündung sein. Wurde schon blut untersucht, evtl. auf MB (Morbus Bechterew), das fängt meistens im Rücken bzw. ISG an. Allderdings kann man Mb auch ohne Anzeichen einer Entzündung im Blut haben. Tr hab ich auch nicht vertragen, ich nehme z.Zt. keine Medis, mache Rückenaufbautraining im Fitness.

Ich wünsche dir auf jeden Fall eine gute Besserung und ein Versuch bei einem guten Rheumadoc könntest du doch wagen.
Alles liebe von C.
 
  1. Antwort von am 05.06.2006  
  A., ich kenne das mit den Schmerzen und der Psyche. Ist bei mir ganz ähnlich. Auch ich wehre mich gegen die 'Psychische Behandlung', was zur Folge hat, dass ich auch diese Medikamente nicht vertragen kann. Ich habe jetzt für mich entschieden, dass ich diese Behandlung brauche und lasse mich einfach 'fallen'. Vielleicht solltest Du Dich auch mit dieser Behandlung identifizieren. Ich hoffe, nutzt es Dir was, ich wünsche Dir jedenfalls viel Erfolg und wenig Schmerzen.


Doris
 




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Stand : 15.06.2006 19:43:58
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